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War das Mathe-Abi zu schwer?

Eltern protestieren gegen die viel zu schweren Aufgaben – sie waren für den Grundkurs nicht machbar. Das ist nicht die einzige Kritik.

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© Symbolfoto: dpa

Von Andrea Schawe

Die Schüler standen geradezu unter Schock, schreibt ein Vater aus Dresden. Sie mussten sich vergewissern, ob sie den richtigen Fragebogen in der Hand halten – und nicht etwa den für den Leistungskurs Mathematik. Eine große Anzahl von Schülern in den sächsischen Gymnasien und Fachabiturklassen sei mit dem Schwierigkeitsgrad sowie der Aufgabenfülle der diesjährigen Abiturprüfungen im Mathematik-Grundkurs überfordert gewesen, heißt es in einem Brief an das Kultusministerium.

Am 3. Mai 2017 haben Schüler aus allen Bundesländern außer Hessen gemeinsam das schriftliche Mathematik-Abitur abgelegt. Nach Angaben des Kultusministeriums haben in Sachsen in diesem Jahr etwa 5 680 Schüler an der Prüfung im Grundkursfach Mathematik und etwa 4 920 im Leistungskursfach teilgenommen.

Dem Kultusministerium sind zwei abgestimmte Beschwerden von Eltern bekannt, so Sprecherin Manja Kelch. Vor allem in Pirna, Kamenz und Bautzen protestieren Eltern gegen die zu schwierige Mathe-Abiprüfung. „Offenbar weichen die erwarteten Leistungen zum Teil erheblich von den erbrachten Vorabiturleistungen ab“, schreibt eine Mutter. Sie irritiere die zunehmende Zahl an sorgenvollen Rückmeldungen aus verschiedenen Landkreisen und Schulen. „Einige Schüler brachen bei der Bearbeitung in Tränen aus“, heißt es. Berichtet wurde über einen „viel zu hohen Schwierigkeitsgrad der Aufgaben sowie nicht ausreichende Zeit dafür.“

Von „gravierenden Fehlern“ bei der Zusammenstellung der Prüfungsaufgaben ist die Rede. Einige Eltern fordern, die Prüfung nicht zu benoten oder für die Ermittlung der Abiturnote die erreichte Punktzahl aus den Vorabiturprüfungen heranzuziehen. Die Aufgaben für das sogenannte „Probe-Abi“ werden nicht zentral vom Kultusministerium erstellt, sondern von den einzelnen Schulen.

Erstmals schrieben in diesem Jahr die Schüler aus bis zu 15 Bundesländern Abitur mit Aufgaben aus dem gemeinsamen Aufgabenpool des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB). Auch die Abiturnoten werden nach einheitlichen Regeln berechnet, auf die sich die Kultusministerkonferenz verständigt hat. Im Fach Mathematik gibt es einen gemeinsamen Prüfungsteil, der ohne Hilfsmittel gelöst werden muss – um grundlegende Basiskompetenzen zu prüfen. Hinzu kommt ein länderspezifischer Prüfungsteil.

Wie werden die Aufgaben ausgewählt? Verantwortlich ist eine vom Kultusministerium beauftragte Aufgabenkommission. Erfahrene Fachlehrer bearbeiten und prüfen die Vorschläge, die von sächsischen Gymnasiallehrern kommen sowie Aufgaben aus dem zentralen Pool der Länder. „Dabei wird mehrfach geprüft, dass die Aufgaben exakt dem Anforderungsniveau der Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife entsprechen“, so die Sprecherin des Kultusministeriums. Damit soll gewährleistet werden, dass die Abituranforderungen über alle Länder hinweg vergleichbar sind.

Alle Aufgaben werden in einem mehrstufigen Gutachterverfahren geprüft, so Kelch – auch auf Anforderungsniveau und darauf, ob sie mit dem sächsischen Lehrplan übereinstimmen. Nach Angaben des Kultusministeriums werden dafür mindestens zwei unabhängige Gutachtergruppen eingesetzt. „Erst wenn dieses Prüfergebnis einen entsprechenden Schwierigkeitsgrad bestätigt, werden die Aufgaben in der Prüfung verwendet.“

Die gemeinsame Prüfung in 15 Ländern habe für Sachsen im Fach Mathematik keine spürbaren Auswirkungen, sagt die Sprecherin des Kultusministeriums. Auch in den vergangenen Jahren habe es anspruchsvolle Prüfungen gegeben. Sachsen setze außerdem bereits seit dem Schuljahr 2013/14 gemeinsam entwickelte Aufgaben mit sieben weiteren Bundesländern ein. Da bestehe inzwischen ein guter Vorlauf, so Manja Kelch. Zuletzt Beschwerden gab es nach Angaben des Kultusministeriums im Jahr 2003 in den Prüfungsfächern Mathematik und Musik.

Auch in anderen Bundesländern gibt es Kritik an den Prüfungen. Berliner Abiturienten beklagen sich ebenfalls über das diesjährige Mathe-Abi. Die Aufgaben seien zu schwierig und ungewohnt gewesen, heißt es. Nach Angaben des Landesschülerausschusses Berlin haben sich mehr als 20 Schüler gemeldet. In Brandenburg dürfen Tausende Schüler die Mathe-Klausur noch einmal schreiben. Im länderspezifischen Teil wurde Stoff abgefragt, der in einigen Schulen nicht unterrichtet worden war – die Schüler mussten mit natürlichen Logarithmen rechnen. Die Aufgabe wurde vom Brandenburger Fachteam entwickelt. Über 100 Beschwerden gingen beim Brandenburger Bildungsministerium ein.

In Sachsen können die Schüler erst nach dem Abitur gegen das Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife Widerspruch einlegen und auch klagen, so die Sprecherin des Kultusministeriums.